Montag, Juni 26, 2006

Problemmensch


Nun haben sie es also geschafft. Diese Helden. Diese Arschlöcher. Nein, ich habe keinen Respekt mehr übrig weder für so einen Umweltminister (allein die Bezeichnung ist schon ein Hohn!), noch für die Jäger.

In mehreren Foren habe ich heute bereits meine Meinung geschrieben und ich bin müde, sie zu wiederholen. Letztendlich ist es sowieso nur noch Zorn und eine tiefe Traurigkeit, die ich verspüre, wenn ich sehe, dass wir Menschen wieder mal nicht in der Lage waren, ein Tier einfach Tier sein zu lassen und eine ungewöhnliche Situation ohne Gewalt zu lösen. In den diversen Diskussionen stellte mir heute jemand die Frage, ob ich eine Experte wäre und mich mit dem Sozialverhalten der Bären auskennen würde, weil ich so felsenfest behaupte, es hätte auch andere Lösungen geben können.

Hier ist meine Antwort, und ich denke, mehr brauche ich dazu nicht zu schreiben:

Ich bin vielleicht kein Bärenexperte und habe nur versucht logisch zu denken und Respekt für ein Tier zu fordern, der nichts Böswilliges getan und keine Aggressivität Menschen gegenüber gezeigt hat. Was hätte passieren können, das war die ganze Zeit reine Spekulation. Ich könnte auch jeden Autofahrer prophylaktisch totschlagen, weil sie potenzielle Mörder sind, wenn sie einen Unfall verursachen würden.

Aber mal was Konkretes. Gerade eben ist eine Sendung auf BR im Fernsehen zu Ende gegangen, in dem über das Thema diskutiert wurde mit Prof. Dr. Wiesner, dem Direktor des Münchner Tierparks. Er ist ein anerkannter Experte auf dem Gebiet und hat mit klaren Worten diese Aktion verurteilt und sie als "blamabel" bezeichnet. Ich versuche ihn zwar nicht wörtlich aber sinngemäß zu zitieren:

"Diesen Bären zum Problembären erklären stößt bei mir völlig auf Unverständnis. Er war zwar nicht menschenscheu, aber in keiner Weise feindselig oder aggressiv in seinen Begegnungen mit den Menschen. Solche Begegnungen gab es zahlreiche und letztendlich war immer der Bär, der abgedreht ist und sich zurückgezogen hat. Meldungen zufolge war er allein gestern über 3 Stunden in Menschennähe beobachtet worden von Wanderern und Mountainbikern. Da fragt man sich, wieso in 3 Stunden es nicht möglich ist, jemanden zu organisieren, der ihn hätte betäuben können. Auch wir hätten es getan, wenn jemand bei uns anruft und uns darum bittet. Mehrere Länder hätten den Bären gerne aufgenommen, da war Polen, Rumänien, die Slowakei bereits im Gespräch. Einen Bären aus 150 m Entfernung abzuknallen ist keine Heldentat, sondern eine Schande für den deutschen Naturschutz."

Der Bär zu Gast bei Freunden... Er war ein unerwünschter Gast. Tut mir sehr leid, Bruno. :-(

Sonntag, Juni 25, 2006

WM-Tacker #4


Oder: Luise hasst die WM.

Luise ist nicht wie ich. Sie kann man nicht mit Fanbemalung und Autokorsos beeindrucken. Luise will die Dinge beim Namen nennen und hält nichts von unkontrollierten Freudestaumeln. Luise ist knallhart. Und Luise hasst die WM. Das wurde mir gestern Nacht klar.

Luise ist meine neue Navidame und hat mich am Samstag zum ersten Mal auf eine Reise begleitet nach Stuttgart. Und ich muss sagen, sie beeindruckte mich. Mit ihrer nüchternen Art, mit ihrem grenzenlosen Wissen. Ihr habe ich es zu verdanken, dass die Fahrt in eine Großstadt, die ich wegen meiner legendären Orientierungsschwierigkeiten meist als Höllenqual erlebe, diesmal reibungslos und wesentlich schneller als geplant über die Bühne ging.

Also hatte ich die Zuversicht, dass die Rückfahrt ebenso ein Kinderspiel sein wird mit Luises Hilfe. Selbst mitten in der Nacht. Wir haben nur eines vergessen. Dass an diesem Samstag Deutschland sein Achtelfinalspiel hatte. Zwar nicht in Stuttgart, sondern in München, aber mittlerweile ist das ganze Land eine einzige Fanmeile. Und so kam es zur folgenden Unterhaltung zwischen Luise und mir, Samstag nachts zwischen 23.30 und 1 Uhr:

"So, meine Liebe, dann wollen wir mal. Du bringst mich jetzt schön nach Hause, wohl?"
"Fahren Sie geradeaus und biegen Sie am Ende der Straße links ab."

"Genau das meinte ich."

"Abbiegung vor Ihnen. Nach 300 m bleiben Sie rechts."

"Mach ich Schatz."

"Biegen Sie jetzt rechts ab."

"Ähm, Luise? Da kann ich nicht. Da ist ne Polizeisperrung."

Ich fahre geradeaus weiter. Luise rattert.
"Bei der nächsten Gelegenheit wenden Sie."
"Würd ich ja gerne, aber wie? Wo?"

"Jetzt, wenden Sie und fahren Sie zurück."

"Luise, da stehen Hunderte von Leuten auf der Straße, ich kann hier nicht wenden ohne Tote!"

Ich entdecke eine kleine Gasse rechts und fahre rein. Luise sagt kein Wort, ich glaube, sie ist beleidigt.
"Luise, würdest Du mir endlich bitte weiterhelfen?"
"Bei der nächsten Gelegenheit wenden Sie und fahren sie links zurück."

"Luise, Du bist ne blöde Kuh. Von dort sind wir doch hergekommen. Da geht absolut nichts mehr!"

"Fahren Sie links."

"Sachma, hörst Du mir noch eigentlich zu?"

"Fahren Sie rechts und danach in die erste Straße wieder rechts."

"Na also, geht doch!"

"Fahren Sie rechts und am Ende der Straße fahren Sie links."

"Da sind wir doch schon wieder, Du Schlampe! Für wie blöd hälst Du mich denn eigentlich!"

Ich fange an, wirklich zu schreien, weil mir die aussichtslose Situation immer bewusster wird. Luise versucht mich mit allen Tricks auf einen Weg zu bringen, der von Polizeiautos und Schranken vollgeparkt ist, und auf dem betrunkene, singende, tanzende Massen den 2:0 Sieg über Schweden feiern. Und ich habe im Dunkeln, mitten in den wild hupenden Autos absolut NULL Ahnung, wo ich bin und wie ich diesem Bereich ausweichen könnte. Kurzerhand beschließe ich, einfach geradeaus zu fahren solange es geht und Luises nervige Stimme eine Zeit lang zu ignorieren. Der Plan geht auf. Nach ca. 5 km Fahrt in eine Richtung, die nur der liebe Gott kennt, sagt Luise gar nichts mehr, zeigt auch nichts mehr an und ich spüre, wie sie eine Gratwanderung zwischen Verzweiflung und Hass durchlebt. Dann erscheinen auf dem Display immer neue Karten, neue Berechnungen der Route und es dauert eine Weile bis sie ihre Stimme wieder findet:
"Fahren Sie geradeaus."
"Braves Mädchen."

"Nach 700 m fahren Sie rechts und fahren Sie auf die Autobahn."

"Nichts lieber als das!"
Von hier aus kenne ich den Weg schon ziemlich gut. Wir unterhalten uns auch kaum mehr. Nur das Nötigste. Ausfahrt. Ausfahrt. Sie haben das Ziel erreicht. Wir sind beide erschöpft. Und einer Erfahrung reicher. Wenn Deutschland spielt, nur noch zu Fuß unterwegs sein! :-)

Freitag, Juni 23, 2006

Der glücklichste Tag

... im Jahr 2006 soll angeblich heute (gewesen) sein. Würde mich interessieren, wie er für Euch gelaufen ist. Wirklich soviel Gutes geschehen? Soviel Glück widerfahren? Soviel Freude empfunden?

Für mich waren die ersten Stunden des Tages in der Tat von gewissen Glücksgefühlen geprägt, aber ich möchte hoffen, dass das noch nicht der Gipfel für dieses Jahr war.

Also, erzählt. Bin ganz Ohr. :-)

Mittwoch, Juni 21, 2006

Schlagzeilenwitz


Was ist das?

Ole, ole ole ole, brum-brum, brum-brum...






Fußball-fie-bär.

:-)))))

Dienstag, Juni 20, 2006

WM-Tacker #3

20. Juni 2006. Mündliches Abitur in unserem Wirtschaftsgymnasium. Die Prüfungen laufen bis 15.30 Uhr, danach kurze Besprechung der Prüfungskommission, 15.45 Uhr Bekanntgabe der Ergebnisse, 16.00 Uhr Fototermin mit der lokalen Presse.
Das ist der Plan.
So wäre es an einem beliebigen anderen Tag, wenn Deutschland kein WM-Spiel hätte...

Stattdessen läuft es so:
Der letzte Prüfling wird am Ende nach seinem Match-Tipp gefragt. Die Beratung der Prüfungskommission hat ein zentrales Thema - wie kriegt man die Formalitäten so schnell über die Bühne, dass man möglichst viel vom Spiel mitkriegt. Die Bekanntgabe der Prüfungsergebnisse läuft so praktisch nebenbei, während eine Leinwand im Foyer aufgebaut wird, damit Prüfer und Prüflinge vor Ort das Spiel verfolgen können (nach Hause fahren ist ja keine Zeit mehr!). Die anrückende lokale Presse wird einfach ignoriert und der Fototermin auf die Halbzeit verschoben.

Deutschland spielt. Verrückt. 3:0. Deutschland spielt verrückt! :-)



Ich habe jeden Dienstag um 18.00 Uhr Training. Ein heiliger Termin für uns alle, den wir möglichst nicht verpassen wollen. Heute sind wir fast alle zu spät.

Nach Ende des Trainings, gegen 19.30 Uhr strömen wir völlig durchgeschwitzt zu unseren Autos. Von der Straße hört man - anderthalb Stunden nach Spielende - immer noch lautes Hupen. Also beschließen wir spontan, uns dem Wahn anzuschließen. Was danach kommt, glaube ich selbst nicht. Vor allem, dass ich mit dabei bin. Dass ich selbst sowas mache. Jessas.

Wir fahren hintereinander, vorne das Auto, das die größte Flagge am Fenster hat. Und wir hupen. Wie bescheuert. Die Fenster sind runtergelassen, wir winken jedem Auto zu, das entgegen kommt. Und die hupen zurück. Bei einer Kreuzung stehen ca. 5-8 Jungs in Deutschlandtrikots, mit Flaggen in der Hand. Als wir uns nähern mit unserem Hupen, springen sie auf die Straße und tanzen vor uns und schreien "Berlin, Berlin!". Auf einem Moped kommen zwei Jugendliche entgegen, ebenso in Flaggen gekleidet, winken uns erst zu, dann wenden sich und fahren uns hinterher. Eine halbe Stunde cruisen wir so. Diese Stimmung ist genauso irre wie erhebend. Nein, es ist einfach nur GEIL!

Wir sind nicht Papst. Wir sind nicht Deutschland. Wir sind Autokorso!!
Morgen kaufe ich eine Fahne. Meine Güte, ich bin soweit! :-)))

Sonntag, Juni 18, 2006

Flagge zeigen

Die Welt zu Gast bei Fotografen. Ja, die WM ist DAS Fotomotiv dieses Sommers. Aber dass man an das Thema nicht nur mit Fan- und Spielefotos rangehen kann, zeigt die witzige und einfallsreiche Serie von Hermann Klecker, auf dessen "Flaggen"-Bilder ich - wie könnte es anders sein - in der fotocommunity aufmerksam wurde.

Sein Konzept ist, die Nationalfarben der teilnehmenden Fußballmanschaften in Fotos umzusetzen. Dabei sind Formen und Symbole nicht wichtig, es geht NUR um die Farben, und es entsteht ein freies Assoziationsspiel für Fotografen und Betrachter gleichermaßen. Ich finde es äußerst originell und amüsant und auf jeden Fall ein bisschen Werbung würdig. :-)

Italien

Togo

Polen

Die ganze Serie ist hier zu sehen. Viel Spaß!

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Fotos mit freundlicher Genehmigung von (c) Hermann Klecker

Donnerstag, Juni 15, 2006

WM-Tacker #2

Ich schau mir kein Spiel der Deutschen mehr an. Bin nicht lebensmüde. Deutschland - Polen, 1:0 in der 91. Minute. Oh mein Herz! Das muss ich mir nicht antun, echt. Außerdem brauch ich das gar nicht, kriege ja eh alles von der Straße mit. Ich wohne in einer Fußgängerzone, umgeben von Straßencafés und Kneipen, die natürlich allesamt mit Großbildschirmen und maximaler Lautstärke die Gäste zu unterhalten wissen. Und mich mit natürlich.

Wenn ich also aus der Richtung meines Lieblingsitalieners nachts um halb 11 ohrenbetäubend "LATTE!!!! UND NOCH EINE LATTE!!!" geschrien höre, dann kann ich ziemlich sicher sein, dass es nicht um Milchkaffee-Bestellung geht. Ins Grübeln kam ich erst, als ich danach in der Zusammenfassung vom Kommentator folgende Ansage hörte: "Jetzt schauen wir erstmal die Latte von Klose und dann die Latte von Ballack an." Ich gebe zu, das machte mich dann doch wieder neugierig und lockte mich vor den Fernseher. Man will ja nix verpassen von unseren prächtigen Jungs, ne. ;-)

Ich meckere auch gar nicht. Im Gegenteil. Die Euphorie, die dieses Land im Moment fest im Griff hat, steckt an. Die Menschen sind einfach gut drauf, lächeln einen überall an, tragen offen ihre verrücktesten Fanbemalungen, -perücken, - klamotten, und genießen es, gut gelaunt zu sein. Und das genieße ich auch.
Wer erinnert sich schon an den langen kalten Winter? Wen interessieren schon die Benzinpreise? Wer denkt schon an die Erhöhung der Mehrwertsteuer?
Wir sind plötzlich ein Land, ein einziges, riesiges Fanlager, das berauscht schwimmt im Flaggenmeer. Unter der kühlen, hellen Preußenhaut fließt plötzlich südländisches Blut voller Temperament. Was die Politiker nicht schaffen, schafft ein rundes Stück Leder - die wahre große Koalition. Die (neu-)Entdeckung der Fröhlichkeit.

Denn ich muss schon sagen, es ist ein ganz anderes Gefühl, morgens nicht durch irgendwelche deprimierenden Nachrichten, sondern eine neue Folge von Klinscamp auf SWR3 geweckt zu werden. Und zu wissen, "mir sind die wo gwinnen wellet"! :-)

Montag, Juni 12, 2006

Mäzen gesucht!

Kunst ist was für reiche Leute. Also nicht für mich. Musste ich wieder mal feststellen, nachdem folgende Mail im Briefkasten meiner Fotowebseite gelandet ist:

"Dear Mrs. (voller Name)!

We have viewed your work and would like to offer you an opportunity for an exhibition of your work in Montreal, for the year 2006/2007. Please find below the “Terms and conditions”.

You will receive a confirmation, an exhibition date and other related information (by fax or email) within a week of the gallery’s receipt of the “application form” (page 3).

Visit the gallery web site for additional information: www.gallerygora.com."
Och, jööööö, das klingt irgendwie nett. Ich meine, wenn sie mich unbedingt haben wollen, warum auch nicht? Ich bin ja schließlich käuflich, ne? Ein reines Galerie-Luder, wenn es sein muss, ne? Also gut, nehmt mich, Kinners, Ihr werdet es nicht bereuen. Ach so, ja, "Terms of conditions", dann schaun mer mal, wie es mit den Konditionen so ist in Montreal.

"Gallery Gora invite you to exhibit in a solo or in a group exhibition. Selections will be made solely on the basis of the artist’s portfolio. "
Ja, ja, schon gut. Dass Ihr einen guten Geschmack habt, habt Ihr bereits bewiesen. Weiter.

"Please send to the gallery:

-Completed and signed application (see page 3)"
Kein Problem, Ihr kriegt alles von mir. Weiter.

" -Résumé (CV)"
Verdammt, jetzt muss ich mir was zusammenreimen von wegen mein Leben als Künstlerin. Aber gut, Ihr werdet einen Lebenslauf bekommen, dass Euch die Tränen kommen. Weiter.

" -Photos, slides or CD of recent works"
Hey, Jungs, ich bin nicht blöd, OK? Klar schick ich Euch Bilder, soviel Ihr wollt. Weiter.

" -International Money Order or Postal Order (see “deposit”)"
Stop. Wie bitte? Überweisung? Ich? Ja, Moooooment mal. Wer will hier was von wem bidde? Seid IHR scharf auf meine Bilder oder ich auf Eure Galerie??? Ok, wieviel?

"Solo Exhibition

- Each artist could have up to 20 pieces of work depending on size
- The fee for a solo-exhibition is US $ 2,500.00 to cover gallery expenses"
Ihr wollt mich verarschen, oder?

"Group exhibition

The fee to take part in a group exhibition is US $250.00 for first work and US$ 150.00 for each additional work."
Ja, nee, iss klar. Habt Ihr noch paar solche Ideen?

"All photographic prints may be sent unframed. The Gallery staff will undertake framing at a cost of 10$ per frame. Gallery staff will lease frames (for photo prints and work on paper), from $20 to $40 per frame depending on size."
Kulanz ist das Stichwort.

"Gallery Gora takes NO commission on sales during the exhibition for the first $2500 of sale."
*lol* Gebt zu, Ihr habt auf meinem Profilfoto gesehen, dass ich blond bin.


So nun, Jungs und Mädels, ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht für Euch. Die Gute: Ihr habt ein wirklich gutes Auge, gepaart mit gutem Geschäftssinn.
Die Schlechte: Ihr müsst auch im nächsten Jahr ohne meine Bilder auskommen. Tja.

Es sei denn, unter meinen Lesern und Fans gibt es jemanden, der mir so eine Ausstellung finanziert. Also los, hebt die Hände, ist ja keine große Sache! Aus Dankbarkeit verspreche ich sogar, dass ich meinen Mäzen begleiten werde zur Vernissage nach Montreal. Auf seine Kosten. Ist das ein Angebot? :-)

Freitag, Juni 09, 2006

WM-Tacker


Na gut. Ich habe mich gewehrt, jetzt geb ich mich geschlagen. Eigentlich habe ich mir geschworen, diese Massenhysterie namens WM (Why Me?) weitestgehend zu ignorieren und den Blog davon sauber zu halten. Aber die Zeichen standen schon von Anfang an nicht gut. Und spätestens als ich diesen merkwürdigen Gestalt in meiner Küche entdeckt habe, wusste ich, dass die Sache nicht spurlos an mir vorbei gehen wird. (So nebenbei möchte ich ausdrücklich darauf hinweisen, dass ich gegen JEDEN Anzeige erstatte, der versuchen sollte, zwischen dem Wesen auf dem Bild und mir eine Art Verwandschaft nachzuweisen.)


Also meinetwegen. Dann mache ich halt eben meine eigene, freie WM-Berichterstattung. Eine sehr freie. Was eine Frau halt, die sich absolut null für Fußball interessiert so am Rande dieses Spektakels mitkriegt (mitzukriegen bereit ist).
Da müsst Ihr einfach durch. Aber wir müssen schließlich alle unsere Opfer bringen. :-)

  • Nachdem wir (3 Sekretärinnen) das Büro bereits vor Monaten für WM-freie Zone erklärt haben, fanden wir am Dienstag in der Post ein riesiges Poster mit WM-Terminplan. Ich weiß nicht, wer es uns geschickt hat, es war aber eine Aktion, die an Hinterhältigkeit kaum zu übertreffen ist. Nun hängt das Poster an unserer Wand und wir haben beschlossen, dass jeden Morgen diejenige von uns, die zuerst im Büro ankommt, muss die Ergebnisse des vorigen Tages eintragen.
    Das Schrecklichste an der Sache, ich glaube, es wird uns sogar Spaß machen. Das fängt schon mal gut an...

  • Eröffnungsspiel Freitag Nachmittag, Deutschland gegen Costa Rica.
    Im Briefkasten liegt am Morgen ein Flyer des griechischen Restaurants von nebenan mit folgendem Text: "Der amtierende Europameister grüßt Deutschland. Spezialangebot für unsere Gäste - bei jedem deutschen Tor 1 Ouzo kostenlos!"
    Ich muss ja wohl nicht erwähnen, welche Anziehungskraft solche Anzeigen auf 16-jährige junge Kerle ausüben können. Große. Sehr große. Dagegen kommt nur die weibliche Überzeugungskraft an mit stichfesten Argumenten, wie:
    "Kannst Du Dir vorstellen, wie voll der Laden sein wird???? Außerdem, lass Dir mal von einer WM-erfahrenen Person (HUA!) wie mir sagen, bei Eröffnungsspielen fallen so gut wie keine Tore. Das ist eben das ungeschriebene Gesetz der WM, weißte?"

    4:2 - Danke Jungs. Fürs Ruinieren meiner gerade erst etablierten Kompetenz, sowie für die hasserfüllten Blicke meines Sohnes. Ich schulde ihm 4 Ouzos, wenn ich das ausbügeln will.

  • Immer noch Deutschland - Costa Rica. Gegen Ende des Spiels werde ich auf folgenden Kommentar des Reporters aufmerksam:
    "Der Kapitän wird ausgewechselt und übergibt seine Binde Frings."

    Also ich kenne diesen Frings nicht. Aber dass er sich auf sowas Ekliges einlässt, das kann auch nur einem Mann passieren. Oder habt Ihr jemals gehört, dass eine Frau ihre benutzte Binde einer anderen zum Weitertragen übergibt? Was sind das für blutige Anfänger? Ich sags ja, das alles fängt schon gut an...

[ Fortsetzung folgt... ]

Montag, Juni 05, 2006

Störbär

Jetzt wissen wir es endlich. Der einst normale Bär, der inzwischen zum Schad- , ja sogar zum Problembär wurde, der kann doch gar nichts dafür. Der ist nämlich verhaltensgestört. Das sage nicht ich, das hat heute irgendsoein schlauer Experte im Radio gesagt. Kein Witz. Und er hat bestimmt recht. Denn seien wir mal ehrlich, wer als Bär in der freien Wildbahn einfach so auf die Jagd geht und hin und wieder mal ein Schaf frisst um nicht zu verhungern, der kann gar nichts anders sein als verhaltensgestört. So benimmt man sich nämlich nicht! Würde er apathisch in der Ecke eines Zookäfigs sitzen, oder zu lauter Musik und zur Belustigung frenetisch klatschender Zuschauern in einem Zirkuszelt an der Leine tanzen, das wäre normal. Das macht man so als Bär heutzutage. Aber doch nicht DAS hier! Das ist echt zum Schießen ist das!

Wobei man vielleicht doch etwas vorsichtiger sein sollte. Denn wenn alles, was so als verhaltens- gestört im Bärengastland Bayern rumläuft, zum Abschuss freigegeben wird, dann dürfte sich wohl der Herr Ministerpräsident, der nicht mal in der Lage ist, einen einzigen Satz verständlich zu formulieren, ginge es um Transrapid oder ein Wildtier oder sonst um ein x-beliebiges Thema, bald ernsthafte Sorgen machen.

Oder diese ganzen Experten und Scha(r)fschütze(r), denen die Schäfchen und Hühnchen so arg leid tun, dass sie deswegen gleich ein Killerkommando auf den herzlos-abnormalen Bären losschicken wollen. Wenn nämlich die selben Schäfchen und Hühnchen reihenweise und planmäßig geschlachtet werden um unsere, eh schon satte Bäuche zu füllen, DARAN ist natürlich nichts im geringsten störend oder gestört, nicht wahr? Ich mag mich ja irren, aber mich würde eine Umfrage unter den Schafen sehr interessieren. Ob sie - wenn schon sowieso - nicht doch lieber von einem Bären getötet und aufgefressen werden möchten als von uns, die wir es nicht mal aus Not, sondern mehr oder weniger aus Spaß tun.

"Der Bär zu Gast bei Freunden" - schrieb die TAZ. Na, dann hoffe ich sehr, dass er diese Turnier gewinnt. Meinetwegen auch in der Verlängerung. Von allen Gästen der nächsten Wochen in Deutschland drücke ich persönlich JJ1 am festesten die Daumen.

Samstag, Juni 03, 2006

Zeichen

Es war mal wieder Chris. Nein, ich müsste weiter zurückgehen. Es war eigentlich das Finanzamt, das verdammte. Weil es uns zur Zeit gewisse Schwierigkeiten bereitet, habe ich ein befreundetes Ehepaar zum Kaffee eingeladen, welches sich mit dem Thema auskennt.

So sitzen wir also zu viert am Tisch und trinken unsere Cappuccinos und ich merke langsam wie der Stein, der sich in den letzten Tagen in die Rocky Mountains verwandelte, langsam von meinem Herzen rollt mit einem dröhnenden Geräusch als würde ein gerade befreiter Flaschengeist einfach "Boahhhhhhh" stöhnen. Wir sitzen da und plaudern, das Finanzamt ist Gottsedank kein Thema mehr, befreundeter Mensch und befreundete Menschin machen sogar Witze und wir lachen und wir schlürfen und die Welt ist wieder heil.

Im Hintergrund läuft der Fernseher, Chris zappt bereits zum zehnten Mal im Sekundentakt durch alle Kanäle, was mich in jeder anderen Situation früher oder später in Rage und zu einem lauten Schrei bringen würde, so ungefähr "Mann, jetzt bleib doch mal nen Moment irgendwo stehen, das geistige Gezappel macht mich noch wahnsinnig !". Aber jetzt darf er das, jetzt merke ich nicht mal, wie schnell sich Klingeltöne, Kochrezepte, Fußballtore und Gerichtsverhandlungen in meine Wahrnehmung einzunisten versuchen und an der Grenze gleich abgelehnt werden.

Befreundeter Mensch fragt plötzlich nach meinem Blog (woher kennt er den überhaupt????) und erkundigt sich anscheinend tatsächlich interessiert nach einer Fortsetzung. Ich wiederhole die Antwort, die ich schon hundert Mal auf ähnliche Fragen gegeben habe, nämlich dass diese Pause gut tut und einen gewissen Druck von mir nimmt und dass ich natürlich irgendwann wieder weiter mache, wenn mal was passieren würde, das es unausweichlich macht. Wenn es etwas wieder gäbe, eine Art Zeichen, von dem zu schreiben wichtiger wäre für mich als das bequeme Schweigen. Und wir lächeln und ich überlege, ob ich eine weitere Tasse anbieten soll.

Und dann, ja dann... Chris zappt und ich höre plötzlich die Bruchteile eines Dialogs:
"Hey, wie heißt Du denn?"
"Jack!"

Hach. Moment mal. Jack??? DER Jack??? Chris zappt schon weiter und eine Frau singt schon bis ich endlich meine Stimme finde:
"ZURÜCK!!!!!!!!!!!!!!!"
"Waaaaas?"
Ich weiß nicht, bei dem Kind zweifle ich manchmal, dass es mein eigenes ist.
"ZURÜCK SAG ICH!! SCHNELLLLLLLL!!!"
"Ja, wohin denn?"
"ZU JACK!!!!!!"
"Ach, Du willst 'Lost' gucken?"
OK. Dieses Kind IST nicht meins! Er weiß, dass ab heute Pro7 "Lost" wiederholt, quasi als Auftakt zum 2. Staffel im Herbst und sagt mir nichts davon?! Das darf doch nicht wahr sein!

Befreundeter Mensch und befreundete Menschin schauen mich etwas verstört an. Die Kaffeetassen sind leer, aber ich habe soeben beschlossen, dass es keinen Nachschub gibt. Sorry, Leute, Eure Ratschläge waren Gold wert, aber jetzt kann ich Euch echt nicht mehr gebrauchen. JETZT LÄUFT "LOST"! Ihr müsst es doch verstehen! Ich glaube, sie haben es verstanden. Spätestens nachdem ich den Kaffeetisch verlassen und mich vor die Glotze platziert habe. Sie verabschieden sich, wünschen noch viel Glück bei der Finanzamtssach... Schon gut, Leude, Ihr seid die besten, aber nun RAUS hier!

Bah, endlich. Ich habe mindestens 10 Minuten schon verpasst. Die ersten Charaktere der Überlebenden sind schon eingeführt, aber macht nichts, ich kenne sie ja schon. Und alles, was danach kommt, werde ich nicht mehr verpassen. Nie nich!

Nach 2 Stunden der Doppelfolge sitze ich wieder mit einem undefinierbaren wohligen Gefühl auf der Couch. Sie sind wieder da. Die, deren Verlust ich in den letzten Wochen verzweifelt versucht habe durch "4400 - Die Rückkehrer" zu kompensieren. Ohne bedeutsamen Erfolg. Jetzt rennen sie wieder um ihr Leben und erzählen die unglaublichsten Dinge vom selbigen. Und ich darf wieder zugucken, ätsch-bätsch Premiere. Ausgerechnet heute, ausgerechnet nach diesem Gespräch. Ich habe beschlossen, dass es nun DAS Zeichen war für mich. Und für den Blog. Jetzt hat alles wieder einen Sinn. So sei es. :-)