Donnerstag, Januar 13, 2005

ich bewerbe mich...

nein, eigentlich nicht ich. sondern chris. na ja, eigentlich er auch nicht, sondern nur als übung. weil 15-jährige in der schule lernen müssen, wie man sich bewirbt. und weil man nicht für das leben lernt, sondern für die schule, lässt man ihn sich nicht nach lust und interesse bewerben, sondern es werden wahllos zeitungsannoncen in einen topf geworfen und die kids in der klasse müssen ziehen. die gezogene stellenanzeige ist dann die grundlage für die jeweilige bewerbung als hausaufgabe. so kommt es, dass ein junge wie chris, der sonst schon schweißausbrüche und weiche knien bekommt, wenn wir an einer praxis vorbei laufen, sich ausgerechnet als ZAHNARZTHELFER (!) bewerben muss. nach über einer stunde hoffnungsloser anstrengung meldet er sich dann bei mir und bittet höflich um hilfe:
"mama, ich komm mit diesem scheiß nicht weiter!"
"ach was, kind, das packen wir schon", reagiere ich etwas voreilig, ohne zu wissen, WAS die aufgabe ist. als ich sie dann sehe, ahne ich schlimmes. aber eine mutter is verplichtet, optimismus auszustrahlen, verdammt nochmal, also versuche ich die sache locker anzugehen.
"wie weit bist du schon?"
"betreff: bewerbung"
"na, siehste, das ist schon ein guter ansatz", lüge ich breit lächelnd und tu so als hätte er das schwierigste teil schon alleine gelöst.
wir haken relativ schnell die ersten punkte in der vorlage ab:
"briefkopf, adressen, datum"
"briefanrede = sehr geehrte/r herr dr. sowieso"
"woher hast du von der stelle gehört = ich habe ihre anzeige in der xy-zeitung gelesen, blablabla"
"beschreibe deine jetzige situation = ich bin schüler der... blablabla"
"was gefällt dir an diesem beruf..." - ähm...
ja, was wohl? ich wollte schon immer mein leben inmitten von wahnsinnsbohrergeräuschen und blut spuckenden patienten verbringen? was schreibt man da überhaupt? da ich selbst keine ahnung habe, gebe ich ihm den rettenden ratschlag:
"ja, komm, dieser beruf muss den leuten doch auch spaß machen, oder? stell dir einfach vor, es macht dir spaß und schreib, warum."
"ehrlich?"
"klar, ehrlich."
"du meinst, sowas, wie: ich mag das geplärre von kleinen kindern hören?"
ich kann nicht mehr, mich schüttelt es vor lachen. chris ebenso.
"ok, lassen wir diesmal die ehrlichkeit. es ist eh nur für die schule."